"Wer wird denn weinen, wenn man in den Himmel geht"

Bernhard Lehner starb mit 14 Jahren. Am 4. Januar wäre er 85 geworden

Er könnte noch leben. Dann wäre er wahrscheinlich Pfarrer in der Diözese Regensburg oder Missionar irgendwo in der Welt und würde am 4. Januar mit seiner Gemeinde seinen 85. Geburtstag feiern. Doch Bernhard Lehner aus Herrngiersdorf, einem Dorf im Landkreis Kehlheim, bekam mit 14 Jahren Diphterie. Penicillin, das ihm das Leben hätte retten können, haben im Jahr 1944 nur verwundete amerikanische und britische Soldaten bekommen. Erst nach dem Krieg durften auch Zivilisten damit behandelt werden.

So starb Bernhard Lehner, Schüler im bischöflichen Knabenseminar Obermünster in Regensburg, am 24. Januar 1944, etwa sieben Wochen nach Ausbruch der Infektionskrankheit. Das ist nun über 60 Jahre her. Dennoch ist die Erinnerung an ihn bis heute lebendig geblieben. 1950 hat die Diözese Regensburg ein Seligsprechungsverfahren für ihn eingeleitet.

Was hat ein Vierzehnjähriger so Großes geleistet, dass die Kirche ihn zur Ehre der Altäre erheben will? "Eine Seligsprechung ist keine Belohnung für besonders große Leistungen", sagt Domvikar Georg Schwager, Leiter der Abteilung für Selig- und Heiligsprechungsprozesse im Bistum Regensburg. "Ausgangspunkt ist, dass die Person im Ruf der Heiligkeit starb. Dies ist bei Bernhard Lehner durch die Zeugenaussagen einwandfrei belegt." Die Aussagen beziehen sich vor allem auf die beispielhafte Art, wie er seine Krankheit und den Tod angenommen hat. "Lasst mich doch sterben. Wer wird denn weinen, wenn man in den Himmel geht!" soll er auf dem Sterbebett zu seinen Eltern gesagt haben. Und eine Krankenschwester bezeugt: "So wie dieser Vierzehnjährige gestorben ist, so habe ich in all den Jahren meines Pflegedienstes keinen Jugendlichen sterben sehen." Bei einem Fliegeralarm während seines Krankenhausaufenthalts dachte er an die, die durch die Bomben aus dem Leben gerissen werden und sagte: "Lieber möchte ich sterben für die, die nicht (auf den Tod) vorbereitet sind."

Sein Sterben war qualvoll. Die Infektion hatte nahezu den ganzen Körper erfasst. Er hatte Herzanfälle. Eine Gaumensegellähmung machte ihm das Schlucken schwer und eine Zwerchfälllähmung das Atmen. Aus Liebe zu Gott ertrug er dies alles tapfer und geduldig, ja geradezu heiter. Nach seinem Tod war sich Bernhards Seminardirektor deshalb sicher: "Nun haben wir einen Fürsprecher im Himmel."

Über sein kurzes Leben lässt sich wenig Außergewöhnliches sagen. "Er war ungekünstelt fromm", berichtet sein Heimatpfarrer Max Gsödl. "Jedenfalls schien er mir sehr freundlich und anständig, gerne zu Diensten bereit, dankbar für jede noch so kleine Gabe und Hilfe." Er liebte den Sport. Zu Hause hatte er Freude am Radfahren, Schlittenfahren, Schlittschuhlaufen und Eisstockschießen. Im Seminar spielte er Fußball und seine Mannschaft verlor durch seinen Tod ihren "besten Mann".

Bemerkenswert war sein "gutes Herz", von dem seine Mitschüler berichten. Wenn er von zu Hause Lebensmittel bekam, teilte er mit ihnen alles bis zum letzten Rest. Und er war fröhlich. Für Spaß und Humor war er immer zu haben. Sein größter Wunsch aber war es, Priester zu werden, nach Möglichkeit in der Mission. "Wenn ich Priester bin, will ich dorthin gehen, wo sie keinen Glauben haben", sagte er einmal.

Bald nach seinem Tod setzte die Verehrung Bernhards ein. Als immer mehr Beter an sein Grab auf dem Friedhof von Herrngiersdorf kamen, erlaubte Bischof Michael Buchberger 1950 die Umbettung seiner Gebeine in das Innere der Kirche. Viele Gläubige, die sich mit Bitten an ihn gewandt haben, berichteten schon damals von Gebetserhörungen. Das führte schließlich dazu, dass der Bischof im Juli 1950 das Seligsprechungsverfahren einleitete. In den vergangenen 54 Jahren wurden auf diözesaner Ebene alle notwendigen Forschungen abgeschlossen und man erwartet nun aus Rom die Proklamation des "heroischen Tugendgrads", einer Vorstufe zur Seligsprechung. Bis heute reißt die Kette der Gebetserhörungen nicht ab und nach Auskunft von Domvikar Schwager sind darunter auch einige, bei denen geprüft wird, ob sie den formalen Anforderungen an ein "Wunder" gerecht werden. Wenn das der Fall ist, kann erstmals ein Vierzehnjähriger, der nicht den Märtyrertod gestorben ist, selig gesprochen werden.

zurück